Velmora - Band 2

Expliziter Einblick in Band 2 (in Arbeit) als Leseprobe

Kapitel 3: Der Ruf der Schritte

 

Die zwei Gänge lagen vor Ihnen.

Links: Ein Pfad durchzogen von Lichtadern, pulsierend wie die offenen Adern einer alten Wunde.

Rechts: Ein Schattenkorridor, in dem selbst das Licht von oben zu ersticken schien.

Und dann – ein Geräusch.

Schritte, leicht und schnell, diesmal war es nicht das Echo ihrer eigenen Bewegungen, sondern echt und nah.

Sira hob leicht das Kinn, ihre Augen verengten sich.
Kian spürte, wie sich sein Körper spannte – ein Instinkt, geboren aus den Prüfungen.

Ein kurzer, stummer Blick zwischen ihnen. Dann entschieden sie sich automatisch für den rechten dunklen Pfad, aus dem die Schritte erklangen.

Der Gang wurde enger und dunkler. Die Wände schienen näher zu kommen, als wollten sie jede Fluchtmöglichkeit ersticken.

Das wenige, vorhandene Licht flackerte nervös über den dunklen Boden, und feine Linien an den Wänden zogen sich zu Mustern zusammen, die Kian nicht verstand.

Die Schritte verstummten.

Kian hielt den Atem an. Ein Schatten löste sich aus der Dunkelheit, keine zehn Schritte vor ihnen. Der Schatten war lautlos, schnell und zielgerichtet. 

Der erste Angriff kam blitzartig.

Der Mann, maximal ein bis zwei Jahre älter als Kian, schmal, mit zerzaustem dunklem Haar und einem Blick, der zwischen Leichtsinn und Gefahr pendelte – schoss nach vorn, eine fließende Bewegung wie ein Tier im Sprung.

Kian hob die Arme, parierte instinktiv.
Die Kraft des Aufpralls fuhr ihm bis in die Schultern.

Noch ehe er den Gegner richtig fokussieren konnte, kippte die Welt.

Er war nicht mehr in Velmora.

Er stand auf dem Spielplatz seiner Kindheit.

Nebel lag schwer auf den rostigen Ketten der Schaukel, der Sand unter seinen Füßen war kalt, tot.

Verlassene Stimmen wehten durch die Luft – sein Name, gerufen, dann verhallt.

Seine Brust zog sich zusammen.
Die Leere, die Kälte – sie griffen nach ihm wie hungrige Hände.

„Nein“, murmelte Kian, seine Stimme kaum mehr als ein raues Kratzen.

Er wusste, was hier geschah. Es war eine Illusion, wie er sie im Training schon erlebt hatte, nur diesmal war sie echt und gefährlich, diesmal gab es keinen zweiten Versuch.

Er ballte die Fäuste, zwang sich, das Bild zu zerreißen.
Er fokussierte auf das, was real war: den Schmerz in seiner Schulter, den Geruch von Staub und altem Stein.

Die Vision begann zu flackern, Risse zogen sich durch die Szene.

Ein Stoß, ein inneres Aufbäumen – und er brach zurück in die Realität.

Bevor er sich sammeln konnte, kam schon der zweite Angriff, diesmal aber anders, als er kalkuliert hatte.

Der Mann stürmte auf ihn zu, eine Faust vorgestreckt.

Kian versuchte noch auszuweichen, doch der Abstand war zu gering.

Der Schlag traf ihn hart am Wangenknochen.

Schmerz explodierte wie ein greller Blitz in seinem Schädel.

Er stolperte zurück, schmeckte Blut auf seiner Zunge, fühlte, wie die Haut an seiner Wange aufriss. Warm und scharf rann das Blut über seine Lippen.

Für einen kurzen Moment verschwamm sein Sichtfeld, doch dann spürte er sofort den vertrauten Reflex: Unter der Oberfläche seiner Haut zuckte etwas. 

Innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde begannen die Wundränder zu glühen, golden und sanft. Die Haut spannte sich neu, das Blut versiegte.

Die Wunde verschloss sich – als hätte sie nie existiert.

Sein Gegner erstarrte. Die Überraschung in seinen Augen war unverkennbar.

Er wich einen Schritt zurück, sein Grinsen zuckte, als müsste er einen Fluch unterdrücken.

„Was zum...?“ murmelte er, blinzelte ungläubig.

Kian wischte sich die letzten Bluttropfen von der Lippe, spürte, wie Wut und Entschlossenheit sich mischten.

Er hob seine Hände vor dem Körper und goldenes Licht sammelte sich in seiner Handfläche, pulsierend wie ein Storm, der nur darauf wartete, hervorzubrechen.

Kian musste nicht darüber nachdenken, was er tat, er folgte einfach seinem Instinkt.

Mit einer Bewegung schleuderte Kian die goldene Energie nach vorne.

Der Fremde riss die Augen auf, versuchte auszuweichen, aber der Lichtschlag streifte ihn noch an der Schulter und war mächtig genug, ihn von den Füßen zu reißen. Er schlug hat auf den Boden auf, rollte sich jedoch mit einer fließenden Bewegung ab und kam leicht schwankend wieder auf die Beine. 

©Geoffrey Graf. Alle Rechte vorbehalten.

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